Mujinga Kambundji (STB) hat an den Europameisterschaften in Berlin über 100 m die erste Medaille für das Schweizer Team nur knapp verpasst. Mit 11,05 Sekunden wurde sie Vierte. Julien Wanders (Stade Genève) lief über 10’000 m auf Rang sieben.
Vor zwei Jahren in Amsterdam hatte Muijnga Kambundji in 11,25 Sekunden die EM-Bronzemedaille gewonnen. Diesmal war das Niveau wie erwartet deutlich höher. Es war eine Zeit von unter elf Sekunden für einen Podestplatz nötig. Diese Marke hatte die 26-jährige Bernerin erst einmal unterboten – mit 10,95 Sekunden an den nationalen Meisterschaften in Zofingen. Ansonsten war sie Anfang Juli in Lausanne mit 11,03 Sekunden nur noch einmal schneller gelaufen wie nun vor 34’882 Zuschauern im Final in Berlin.
Trotzdem ist der vierte Rang eine leise Enttäuschung. Kambundji hat schon oft bewiesen, am wichtigsten Wettkampf der Saison in Topform zu sein. Diesmal aber konnte sie sich nicht steigern – im Gegensatz zu den drei Medaillengewinnerinnen, die allesamt eine persönliche Saisonbestzeit erzielten. Es siegte die Britin Dina Asher-Smith in der Jahresweltbestmarke von 10,85 Sekunden vor der Deutschen Gina Lückenkemper (10,98) und der Niederländerin Dafne Schippers (10,99), der Europameisterin von 2016. Dass dieses Trio schneller sein könnte, hatte sich bereits nach den Halbfinals abgezeichnet.
Allerdings war Kambundji im Halbfinal, den sie in 11,14 Sekunden gewann, der Start missglückt. Überhaupt war sie dort „komisch drauf und mega nervös“. Insofern beunruhigten sie die starken Auftritte der Konkurrentinnen nicht. „Ich wusste, dass ich mich noch einiges verbessern kann“. Vor dem Final fühlte sie sich dann deutlich besser. Dennoch blieb der erhoffte Exploit aus. „Es war ein guter Lauf, aber es hätte ein super Lauf sein müssen“, so Kambundji. Tatsächlich hätten 11,05 Sekunden seit den Europameisterschaften 1998 in Budapest stets für eine Podestplatz gereicht, fünf von sechsmal gar zur Gold- und einmal zur Silbermedaille.
Bei den Besten Europas
Dass die Schweiz immer mehr zu einer Sprint-Nation wird, zeigen die weiteren Leistungen über 100 m. Nicht weniger als fünf Schweizer Athletinnen und Athleten standen in den Halbfinals. Mit dem Final-Vorstoss liebäugeln durfte neben Kambundji auch Alex Wilson. Der Basler gehörte in diesem Jahr über 100 m zwar nicht zu den schnellsten zwölf Athleten, sein Ziel war es beim Saison-Highlight aber gleichwohl mindestens unter die besten acht zu kommen. Dieses Vorhaben verpasste er knapp, war er mit 10,22 Sekunden doch der Zweite, der nicht weiterkam. Mit Schlussrang zehn resultierte im Hinblick auf die ihm bessere liegenden 200 m aber dennoch ein ansprechendes Ergebnis.
Federn lassen musste hingegen Silvan Wicki (BTV Aarau). Der gebürtige Basler vollbrachte in diesem Jahr einen enormen Leistungssprung, steht mittlerweile bei einer persönlichen 100-m-Bestleistung von 10,17 Sekunden. Dass er damit auf die grosse Bühne gehört, bestätigte er mit dem Halbfinal-Einzug. An diese Leistung konnte er im Halbfinal nicht mehr anknüpfen und kam als Achter in 10,48 Sekunden ins Ziel. Auch er wird am Mittwoch über die 200 m antreten.
Einen unterschiedlichen Halbfinal-Verlauf über 100 m erlebten Salomé Kora (LC Brühl) und Ajla Del Ponte (US Ascona). Während die Ostschweizerin wie im Vorlauf über einen unbefriedigenden Start den Kopf schüttelte, hinten raus aber aufholen konnte, kam die Tessinerin gut aus den Blöcken und musste ihre Gegnerinnen dann ziehen lassen. Auch wenn das für den Finaleinzug nicht reichte, klassierten sie sich beide unter den besten 20 und holten sich so viel Moral für die am Sonntag anstehende 4×100-m-Staffel. Mit 11,36 (Kora) und 11,38 (Del Ponte) stabilisieren auch sie sich auf einem hohen Niveau.
Konkurrenz entgleitet Julien Wanders auf der letzten Runde
Im Strassenlauf ist Julien Wanders (Stade Genève) bereits eine Institution. Seit Februar hält er mit 1:00:09 Stunden den Schweizer Halbmarathon-Rekord und über die gleiche Distanz wurde er im März WM-Achter. Nun fügte der junge Genfer seinem Palmarés das erste wertvolle Resultat auf europäischer Ebene auf der Bahn hinzu. Im Rennen über 10’000 m zeigte er sich sehr präsent und lief an der Spitze mit. Im Endspurt wurden ihm jedoch (noch) die Grenzen aufgezeigt, als ihm sechs Konkurrenten auf den letzten 500 m davonliefen.
Das subjektive Befinden von Wanders lag hinterher irgendwo zwischen Selbstkritik und Unzufriedenheit. „Meine Beine haben sich nicht gut angefühlt und ich befürchtete auf dem vierten Kilometer kurz, dass ich würde abreissen lassen müssen“, meinte Wanders. „Ich hängte mich aber rein und versuchte zu kämpfen. Auf den letzten 500 m ging ich dann ein. Das war wirklich hart. Ich werde nun versuchen, es am Samstag über 5000 m besser zu machen.“
Alain-Hervé Mfomkpa lässt auf den letzten Metern nach
Mit der Halbfinal-Qualifikation am Montag hatte Alain-Hervé Mfomkpa (Lausanne-Sports) sein Soll für diese EM erfüllt. Das Mitglied des Fördergefässes World Class Potentials mit persönlicher Bestzeit 49,97 Sekunden war souverän in den Halbfinal gelaufen. Als er dort über die Ziellinie lief, griff er sich sofort an den Kopf. Grund dafür: Nach einem Fehler bei der achten Hürden verliessen ihn auf der Zielgerade die Kräfte und mehr als Rang acht lag für ihn nicht mehr drin. Dennoch zeigte er sich einigermassen zufrieden. „Für mich war es eine wichtige und gute Erfahrung, dass ich in diesem Halbfinal mitlaufen konnte.
Für einen Grossteil der Saison schlug sich Stabhochspringerin Angelica Moser (LC Zürich) mit einer Verletzung am Fuss herum, über deren Ursachen sie bis zum Schluss im Dunkeln tappte. Diese hat erst 20-Jährige nun überwunden, ihre Formkurve zeigte in den letzten Wochen aufwärts. Dennoch machte sich in der Qualifikation die fehlende Wettkampf-Praxis bemerkbar. „Zum ersten Mal wollte ich in diesem Jahr ab 4,35 m mit härteren Stäben springen“, sagte Moser. „Damit kam ich nicht ganz zurecht, einmal war ich zu nah an der Latte, dann wieder zu weit weg. Aber wenigstens ist die Leistung erklärbar. Jetzt heisst es, abhaken und nach vorne schauen.“ Mit übersprungenen 4,20 verpasste Moser den Finaleinzug.
Swiss Athletics berichtet auf der Website von der EM und führt auch eine eigene EM-Subsite mit hilfreichen Zusatz-Informationen rund um die Schweizer Equipe. Ausserdem werden die Social-Media-Kanäle Facebook, Twitter und Instagram laufend mit Fotos und Videos bespielt.
Die Fernseh-Stationen SRF, RTS und RSI übertragen ab Montag live und umfassend aus Berlin. Zusätzliche Video-Beiträge aus dem Umfeld des EM-Teams finden sich auf ubs-athletics.fans und athle.ch. Vor Ort ist auch ein Team von athletix.ch, dass die Schweizer Leichtathletik-Community laufend mit Fotos aus dem Olympiastadion versorgt.
(cg/sda)