Mujinga Kambundji, Sarah Atcho, Salomé Kora, Ajla Del Ponte (Photo: athletix.ch)
Mujinga Kambundji, Sarah Atcho, Salomé Kora, Ajla Del Ponte (Photo: athletix.ch)

Platz 5 im WM-Final: Schweizer Frauen brillieren mit der Staffel

Die 4×100-m-Staffel der Frauen brillierte im WM-Stadion von London: Ein 5. Rang ist der Lohn für langjährige Arbeit. Im Final kamen die Schweizerinnen bis auf einen Hundertstel an ihren am Vormittag aufgestellten Landesrekord heran.

Ajla Del Ponte (US Ascona), Sarah Atcho (Lausanne-Sports), Mujinga Kambundji (STB) und Salomé Kora (LC Brühl) wiederholten im Final die Leistung des Vorlaufs. In 42,51 Sekunden und damit nur einen Hundertstel über dem Schweizer Rekord vom Vormittag schaute eine Klassierung heraus, die im Vorfeld kaum erwartet worden war. Das Quartett zeigte drei einwandfreie Wechsel. „Das ist der Wahnsinn, wenn ich sehe, welche Nationen wir hier geschlagen haben“, sagte die Schlussläuferin Kora. Dazu zählen auch die Niederlande mit Dafne Schippers, Frankreich (im Vorlauf) oder Brasilien.

Da alle Staffeln durchkamen – dies macht die Schweizer Klassierung noch wertvoller -, blieb Bronze um 32 Hundertstel entfernt. Diese ging an die Jamaikanerinnen, die bereits an den Olympischen Spielen in Rio von Amerika entthront worden waren. Die US-Girls gewannen in der Jahres-Weltbestleistung von 41,82 Sekunden. Grossbritannien holte Silber. Im 4. Rang kam auch Deutschland vor den Schweizerinnen ins Ziel.

Erst zum drittel Mal überhaupt stiess eine Schweizer 4×100-m-Staffel in den Final von globalen Titelkämpfen. Die Vorgänger waren die Männer 1924 (Disqualifikation) und 1928 (5. Rang) an den Olympischen Spielen.

Bereits im Vorlauf hatte das Quartett im Queen Elizabeth Park eine Ausrufezeichen gesetzt. In 42,50 Sekunden unterbot es den Anfang Juli an der Athletissima in Lausanne aufgestellten Schweizer Rekord noch einmal um drei Hundertstel. Dabei hielten die Schweiz Nationen wie Europameister Niederlande mit 200-m-Weltmeisterin Dafne Schippers oder Frankreich, das den Final verpasste, in Schach. Dass Del Ponte beim Wechsel auf der Gegengeraden auf die Bahn der Niederlanden kam, blieb ohne Konsequenzen. Es lag weder eine Abkürzung noch eine Behinderung von Schippers vor.

Bewährte Staffel-Philosophie
Die Schweizer Trumpf „seriöse Arbeit“ hat somit gestochen. Swiss Athletics investiert viel Zeit, Geld und Aufwand ins Staffeltraining. Die 4×100 m werden als eigene Disziplin betrachtet und nicht bloss als Zusammenzug der schnellsten Sprinterinnen mit Blick auf den Grossanlass. In den Trainings wird an den Abläufen gefielt, damit der Stab möglichst ohne Bremsbewegung durch die 20 m lange Übergangszone wandert. In diesem Bereich kann das läuferische Handicap zu den potenziell besseren Teams kompensiert werden. Der Trainer-Staff in der Schweiz kennt seit Jahren eine Staffel-Philosophie und implementiert diese bereits in den Nachwuchskadern. Aus diesem Grund müssen auch junge Läuferinnen wie Atcho (22), Kora (23) oder Del Ponte (21) nicht bei Null beginnen, wenn sie in die Elite vorstossen.

Durch die Trainings – in der Vorbereitung auf den Sommer in Südafrika wurde ein Staffel-Schwerpunkt gesetzt, und auch vor den Wettkämpfen in Genf, Lausanne und nun in London erfolgten Zusammenzüge – ist Schweizer Staffel kaum fehleranfällig und weiss zu dosieren. Dies zeigte sich auch im Vorlauf von London. Es wurden flüssige Wechsel mit Marge vollzogen.

Die Sprintstaffel verlangt Präzision, Fleiss und Teamgeist – Eigenschaften, die dem Schweizer Naturell behagen. Zudem sichert diese Disziplinen den Nachwuchs, weil durch Training fehlender Speed wettgemacht werden kann und die Aussichten auf tolle Platzierungen rosiger sind.

Der nächste Schritt in Richtung Weltspitze
Die Schweiz kann mit dem Einzug in den WM-Final erstmals die Früchte der langjährigen Aufbauarbeit ernten. Nachdem der Blick lange auf die Männer gerichtet war, begannen auch die Frauen um Laurent Meuwly – seit diesem Jahr ist Ralph Mouchbahani verantwortlich – mit spezifischer Arbeit. Diese wurde bereits mit der WM-Teilnahme 2011 in Daegu belohnt. Ab diesem Zeitpunkt übernahmen die Frauen den Lead. An den Weltmeisterschaften in Daegu, Moskau (2013) und Beijing (2015) sowie den Olympischen Sommerspielen in London (2012) und Rio de Janeiro (2016) resultierte immer eine Klassierung zwischen dem 12. und 14. Rang. Nun gelang der nächste Schritt.

2014 an den EM in Zürich wurden die Frauen sogar zu den Poster-Girls für den Anlass gekürt. Doch der entscheidende Tag nahm ein doppelt bitteres Ende. Kambundji fiel gleich beim Start der Stab aus den Händen und das zuvor kaum beachtete Quartett der Männer verpasste Bronze bloss um neun Hundertstelsekunden.

(SDA/fre)