Die Stabhochspringerinnen Nicole Büchler und Angelica Moser (beide LC Zürich) eröffnen am Freitagabend an den Weltmeisterschaften in London für die 19-köpfige Schweizer Delegation. Die Qualifikationshöhe für den Final liegt bei 4,60 m. Auch Alex Wilson (Old Boys Basel) greift ins Wettkampfgeschehen ein.
Die Qualifikationshöhe an den Titelkämpfen ist in der Regel ein theoretischer Wert – er wird selten von einem Dutzend erbracht. Diesmal scheint die Ausgangslage eine andere. Die Überfliegerin fehlt zwar, aber nach Einschätzung von Nicole Büchler „gibt es sicher 10 Athletinnen, die 4,80 springen können“. Die Bielerin hat diese Marke in ihrer Karriere auch schon geknackt, allerdings nicht diesen Sommer. Dafür überquerte sie ihre Saisonbesthöhe von 4,73 m vor einem Monat ausgerechnet im Olympia-Stadion von London. Auf derselben Anlage, auf der nun die WM-Medaillen vergeben werden.
Trotz ihrer Routine ist die fünffache WM-Teilnehmerin ein wenig nervös. „Ich werde mit dem Alter nicht ruhiger“, sagte sie. „Aber die Nervosität eröffnet die Chance, einen aus der Reserve zu locken.“ Büchler schlägt sich schon die ganze Saison über mit kleineren Verletzungen herum. Aktuell plagen sie Probleme in der Hüfte. „Ich war diesen Sommer noch nie ganz richtig fit. Ich springe nicht so gelöst wie noch vor anderthalb Jahren“, hielt sie fest. Vor den Wettkämpfen nimmt sie deshalb ein Schmerzmittel ein. Dass es unter schwierigen Voraussetzungen gleichwohl klappen kann, bewies sie vor einem Jahr als Olympia-Sechste in Rio de Janeiro.
Büchler geht die Qualifikation und allenfalls den Final mit dem gleichen Muster an. „Ich steige nicht tiefer ein als sonst“, betonte sie. Sofern sie sich nach dem Einspringen nicht doch noch anderes entscheidet, wird sie am Freitagabend auf 4,50 m einsteigen.
Angelica Moser: „Die Form stimmt“
Angelica Moser, die sich unter anderem mit einer persönlichen Bestleistung von 4,61 m für London qualifizierte, bevorzugt tiefere Einstiegshöhen. „Ich fange mit 4,20 an“, sagte sie. Danach will sie die weiteren Etappen auf 4,35, 4,50, 4,55 und 4,60 m mit möglichst wenigen Fehlversuchen nehmen. „Die Form stimmt, das Ziel ist der Final, ich weiss, dass ich 4,60 springen kann“, fügte die 19-jährige Andelfingerin an. Die Olympia-Teilnehmerin reüssierte schon mehrfach im entscheidenden Moment, sie gilt als Wettkampf-Typ. Die Goldmedaillen vom Olympischen Festival der europäischen Jugend, den Youth Olympic Games, der U20-EM, der U20-WM und der U23-EM zeugen davon.
Die Hauptprobe für London war Moser vergangenen Dienstag missglückt. Beim Meeting in Frauenkappelen geriet sie beim Versuch über 4,60 m in Schieflage, zog den Sprung aber durch. Sie landete zwischen der Matte und dem Ständer. Abgesehen von ein paar blauen Flecken ging die Sache glimpflich aus.
Alex Wilson: Runde für Runde, Rekord für Rekord?
Alex Wilson liefert seine bislang beste Saison ab. Die Schweizer Rekorde über 100 und 200 m zeugen davon. Am Freitagabend startet der 26-Jährige unter besten Voraussetzungen über 100 m zu seinem ersten Lauf an den Weltmeisterschaften in London. „Ich bin sehr gut in Form“, betonte Wilson. „Ich kann noch schneller sein.“ Darüber, wie weit dies an Weltmeisterschaften reichen kann, wollte er nicht gross spekulieren. „Ich habe mir gar nicht gross überlegt, ob ich über 100 oder über 200 m die besseren Chancen habe. Ich nehme Lauf für Lauf und bin hier, um schnell laufen“, sagte er.
Damit tönte er an, dass er in London zumindest über die halbe Bahnrunde seinen Schweizer Rekord (20,37) verbessern will. Dies war ihm eigentlich schon vor zwei Wochen an den Schweizer Meisterschaften in Zürich gelungen. Die 20,23 Sekunden fanden allerdings keinen Eingang in die Statistik. Wilson war nach einem Fehlstart nur noch unter Vorbehalt zum Final zugelassen worden. Erst nach dem Rennen wies die Jury den Rekurs des Athleten ab.
„Ich habe vor allem in der Grundschnelligkeit Fortschritte gemacht“, erklärte Wilson seine Steigerung in diesem Sommer. Diese manifestiert sich nicht bloss in den Rekorden, sondern auch in konstant besseren Zeiten als noch im Olympia-Jahr.
Der gebürtige Jamaikaner, der mit 15 Jahren nach Basel gekommen war, schloss sich vergangenen Herbst einer Trainingsgruppe in London um den Jamaikaner Lloyd Cowan an. „Ich trainiere hier an einem Tag so viel und so hart wie früher in einer Woche“, schilderte er seinen Alltag. „Zwei Wochen trainiere ich in London, danach geht es eine Woche zur Erholung nach Hause“, fügte er an.
Das harte Regime scheint ihm zu bekommen, auch wenn dies kein Zuckerschlecken ist. Er speckte auf Geheiss um 12 Pfund auf 82 kg ab, in den Trainings muss er als Strafe für einen Fehlstart einen 400-m-Lauf abspulen und am Ende des Tages folgt sowieso ein Lauf über die ganze Bahnrunde – unter 49 Sekunden! Und auch die Leistungsvorgaben für die Sommersaison sind hart. Vorläufig gilt: 10,05 und 20,20 am Ende der Saison, dann darf Wilson im Camp bleiben. Ab heute will er beweisen, dass seine WM-Form stimmt.
Täglich live im Schweizer Fernsehen
Das Schweizer Fernsehen (SRF, RTS und RSI) berichtet täglich live von den Weltmeisterschaften in London. Mit rund 50 Stunden Live-Leichtathletik kommen die Fans in den Genuss eines so umfassenden WM-Services wie noch nie.
Swiss Athletics wird nebst den Newsmeldungen auf der Verbands-Website auch auf Facebook und Twitter ausführlich über das Schweizer WM-Team berichten. Fotos des Schweizer Teams gibt es auf der Website von athletix.ch.
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(SDA/fre)