Die Schweizer Leichtathletikfans erlebten am Donnerstag einen historischen Abend: Innert zwei Stunden gewann das Schweizer Team an der U20-EM in Jerusalem (ISR) nicht weniger als vier Medaillen. Audrey Werro (800 m) und die 4×100-m-Männerstaffel gewannen Gold, Ramon Wipfli (800 m) Silber und Andrin Huber (Zehnkampf) Bronze!
Den Anfang des historischen Abends machte die 800-m-Läuferin Audrey Werro (CA Belfaux). Als Titelverteidigerin und Nummer 1 der Entry List angetreten, zeigte die 19-jährige Freiburgerin auf eindrückliche Weise, wer die Chefin im Feld ist. Nach rund 550 m verschärfte sie das Tempo und kreierte sofort eine Lücke zwischen sich und ihren Gegnerinnen. Werro zog unaufhaltsam davon, siegte in 2:03,38 Minuten und distanzierte sämtliche Konkurrentinnen um über 2 Sekunden. Das ist auf diesem Niveau eine eindrückliche Machtdemonstration. Nach Gold an der U20-EM 2021 und Silber an der U20-WM 2022 kann sich Werro, die von Christiane Berset Nuoffer trainiert wird, über ihre dritte Medaille an einem internationalen Nachwuchs-Grossanlass freuen.
Einen fulminanten Lauf zeigte die 4×100-m-Männerstaffel. Jonathan Gou Gomez (Lausanne-Sports), Joël Csontos (Old Boys Basel), Mathieu Chèvre (FSG Bassecourt) und Manuel Gerber (LAG Gossau) brachten den Stab in 39,87 Sekunden ins Ziel und durften sich als verdiente Europameister feiern lassen. Damit schrieben sie Geschichte: Es ist dies das erste Mal, dass eine Schweizer Staffel an einer U20-EM eine Medaille gewinnt. Eine Herausforderung war für das Team von Coach Daniel Baumgartner, dass sich Alexis Hirsiger (LC Zürich) beim Aufwärmen verletzte und Manuel Gerber kurzfristig einspringen musste. Diese Situation meisterte das Team bravourös.
Weniger Erfolg hatte die Sprintstaffel der Frauen (Chloé Rabac, Emma van Camp, Fabienne Hoenke, Soraya Becerra). Die Schweizerinnen lagen vielversprechend im Rennen, schieden dann jedoch wegen eines Fehlers beim zweiten Wechsel aus.
Ramon Wipfli mit grossartigem Endspurt zu Silber
Wenige Minuten nach Audrey Werros Lauf war die Reihe an Ramon Wipfli (STB), und auch dieser zeigte im 800-m-Final eine Glanzleistung. Er hielt sich stets in den vordersten Positionen des Feldes auf und als es auf den letzten 200 m um alles oder nichts ging, konnte der Berner noch Kräfte freimachen. Er überholte zwei Gegner und lief hinter dem Tschechen Jakub Dudycha als Zweiter ins Ziel. Kurz nach dem Rennen wurde dieser wegen eines Remplers disqualifiziert und Wipfli erschien in den Resultatlisten als Sieger. Gegen diesen Entscheid legte das tschechische Team Protest ein und rund 2 Stunden nach dem Rennen wurde Dudycha von der Jury als Sieger verkündet. Für den von Sandra Gasser trainierten Athleten, der im Juni mit seinem Sieg an der Team-EM in Chorzow (POL) ein Ausrufezeichen setzte, ist diese Silbermedaille das Highlight seiner bisherigen Karriere.
Andrin Huber gewinnt mit Schweizer Rekord Bronze
Vier Jahre nach Simon Ehammer in Boras (SWE) stand an der U20-EM wieder ein Zehnkämpfer des TV Teufen auf dem Podest. Ehammer gewann damals mit 7851 Punkten Gold, Huber wurde nun für 8009 Punkte mit Bronze belohnt, was das hohe Niveau im Zehnkampf aufzeigt. Dass er Simon Ehammers U20-Rekord um mehr als 150 Punkte verbesserte, zeigt das grosse Potenzial des Appenzellers, der von Karl und René Wyler trainiert wird. Am zweiten Wettkampftag überzeugte Huber insbesondere mit persönlichen Bestleistungen über 110 m Hürden und im Speerwerfen.
Alexandra Stucki und Aarno Liebl überzeugen mit PBs
Einen formidablen Wettkampf zeigte die Stabhochspringerin Alexandra Stucki (LC Zürich). Sie übersprang 3,90 m und 4,15 m jeweils im dritten Versuch und durfte sich damit über eine persönliche Bestleistung freuen. Ärgerlich für sie: Silber teilten sich zwei Athletinnen, die ebenfalls 4,15 m sprangen. Stucki belegte den ebenso undankbaren wie hervorragenden 4. Platz. Sehen lassen kann sich auch der 5. Platz von Aarno Liebl (STB), der im Steeple-Final in 8:52,82 Minuten eine persönliche Bestmarke aufstellte.
Mit insgesamt sechs Medaillen (am Dienstag gewann Valérie Guignard Silber über 100 m Hürden, am Mittwoch Valentin Imsand Silber im Stabhochsprung), zahlreichen persönlichen Bestleistungen und Platz 7 im Medaillenspiegel darf das 45 Athletinnen und Athleten umfassende Team in Jerusalem eine erfreuliche EM-Bilanz ziehen. Einmal mehr gelang es der Schweiz, sich im europäischen Vergleich mit Erfolg zu behaupten.
Die nächste U20-EM findet 2025 in Tampere statt.
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Jerusalem (ISR). U20-EM. 4. Tag (Abend-Session). Männer. 800 m: 1. Jakub Dudycha (CZE) 1:46,76. 2. Ramon Wipfli (STB) 1:47,20. – 3000 m Steeple: 1. Sergio Del Barrio (ESP) 8:46,81. Ferner: 5. Aarno Liebl (STB) 8:52,82. – Zehnkampf (Schlussstand): 1. Amadeus Gräber (GER) 8209. 2. Matthias Lasch (AUT) 8052. 3. Andrin Huber (TV Teufen) 8009 (Schweizer U20-Rekord, Einzelresultate: 100 m 10,82; Weit 7,06 m; Kugel 13,92 m; Hoch 1,98 m; 400 m 48,37; 110 m Hürden 14,14; Diskus 41,17 m; Stab 4,30 m; Speer 59,15 m; 1500 m 4:20,40). Ferner: 8. Joel Temeng (LC Turicum) 7536 (11,06; 7,30 m; 15,24 m; 1,80 m; 50,81; 14,31; 46,45 m; 4,10 m; 52,53 m; 4:54,68). Aufgegeben (krank): Louis Miller (Old Boys Basel). – 4×100 m: 1. Schweiz (Jonathan Gou Gomez, Joël Csontos, Mathieu Chèvre, Manuel Gerber) 39,87.
Frauen. 800 m: 1. Audrey Werro (CA Belfaux) 2:03,38. – Stab: 1. Sara Winberg (SWE) 4,25. Ferner: 4. Alexandra Stucki (LC Zürich) 4,15 m. – Speer: 1. Adriana Vilagos (SRB) 58,38. Ferner: 7. Sabrina Boss (LV Thun) 48,18. 12. Leonie Hügli (LC Kirchberg) 42,61. – 4×100 m: 1. Deutschland 43,82. Nicht im Ziel (Wechselfehler): Schweiz (Chloé Rabac, Emma van Camp, Fabienne Hoenke, Soraya Becerra).
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(fre)