Sprinterin Mujinga Kambundji (STB) ist einer der grössten Schweizer Trümpfe an den Europameisterschaften in Berlin. Am Dienstagabend strebt sie über 100 m ihre zweite Medaille an kontinentalen Titelkämpfen an.
An den Europameisterschaften vor zwei Jahren in Amsterdam gewann das Schweizer Team mit zweimal Gold und dreimal Bronze fünf Medaillen – so viele wie noch nie zuvor an einer EM. Dieser Erfolg soll im Olympiastadion von Berlin trotz einiger verletzungsbedingter Ausfälle bestätigt werden, „im Wissen, dass es nicht einfach wird“, sagte Peter Haas, Leistungssportchef von Swiss Athletics.
Ob das Ziel erreicht wird, ist eng mit dem Namen Mujinga Kambundji verbunden. Die 26-jährige Bernerin darf sich über 100 m, 200 m und mit der Sprintstaffel Medaillenchancen ausrechnen. Ohnehin kann sie als Aushängeschild der Schweizer Leichtathletik bezeichnet werden, auch wegen ihrer fröhlichen Art. Ausserdem ist sie ein ausgesprochener Wettkampftyp, besitzt sie die Fähigkeit, an Grossanlässen eine Topleistung abzurufen.
Nummer 2 in Europa
An der Heim-EM 2014 in Zürich erreichte sie in der Königsdisziplin 100 m den 4. Platz, in Amsterdam gewann sie Bronze. Beide Resultate hatte sie nicht erwartet. Diesmal ist eine weitere Medaille beinahe schon ein Muss angesichts der bisherigen Leistungen in diesem Jahr. An den nationalen Meisterschaften in Zofingen blieb sie mit 10,95 erstmals unter elf Sekunden, womit sie in der europäischen Saisonbestenliste hinter der Britin Dina Asher-Smith (10,92) und vor der Niederländerin Dafne Schippers (11,01) die Nummer 2 ist.
Dennoch gibt sich Kambundji zurückhaltend: „Klar bin ich diesmal in einer besseren Position, aber es fängt alles wieder bei Null an. Ich versuche einfach, zuerst einmal den Final zu erreichen und dann mein bestes Rennen zu zeigen. Was die anderen machen, kann ich nicht beeinflussen.“ Allerdings gab sie zu, wohl enttäuscht zu sein, falls kein Podestplatz herausschauen würde. „Aber es kommt immer wieder auf die Situation an“, stellte die Hallen-WM-Dritte über 60 m in diesem März klar.
Kambundji hat sich im vergangenen Herbst nach vier Jahren von Trainer Valerij Bauer getrennt. Sie hörte damit auf ihr Gefühl, macht nun weniger Krafttraining, wodurch sie an Masse, aber nicht an Kraft verloren hat. Ausserdem absolviert sie jetzt immer wieder längere Läufe, in denen sie auch Laktat (Milchsäure) bildet. Zuvor war sie selten mehr als 100 und maximal 150 m gerannt.
Sie betonte allerdings, dass sie auch von den letzten Jahren profitiert hat. „Es ist nicht so, dass alles falsch war und nun alles richtig ist.“ Ihre Pläne schreibt aktuell der Amerikaner Rana Reider, der seit 2017 auch persönlicher Trainer von Schippers ist. Allerdings darf er Kambundji in Berlin nicht betreuen, weshalb sich Konditionstrainer Adrian Rothenbühler um sie kümmert.
Nach Monaco folgte der Feinschliff
Kambundji hat in der laufenden Saison viele Wettkämpfe bestritten. Nach dem letzten, dem Diamond-League-Meeting in Monaco am 20. Juli, fühlte sie sich ziemlich müde. Danach trainierte sie nur noch wenig, Feinschliff war angesagt. Die immense Hitze machte sie nach den Übungseinheiten noch müder, dennoch ist sie froh darüber, da auch in der deutschen Hauptstadt die Temperaturen sehr hoch sind. „Dadurch konnte ich mich daran gewöhnen“, so Kambundji. Neben dem Training war zuletzt ohnehin Erholung angesagt, wie das auch in Berlin der Fall ist.
Auf der blauen Bahn im Olympiastadion ist Kambundji schon mehrmals gelaufen, aber noch nie gut, da es jeweils am Ende der Saison war. „Deshalb freue ich mich, hier mal körperlich und mental fit laufen zu können. Es ist eine schnelle Bahn.“ Letzteren Satz unterstreicht die Tatsache, dass Usain Bolt sowohl über 100 als auch über 200 m den Weltrekord in Berlin aufgestellt hat. „Für eine Medaille musst du wahrscheinlich unter elf Sekunden laufen“, so Kambundji. Sie scheint bereit dafür.
(sda)