Triumphaler Auftritt von Selina Büchel (KTV Bütschwil) an der Hallen-EM in Belgrad (SER): Die 25-jährige St. Gallerin zeigte im 800-m-Final eine Klasseleistung und siegte in 2:00,38 Minuten mit Schweizer Rekord! Damit verteidigte sie ihren 2015 in Prag (CZE) gewonnenen Titel mit Erfolg.
Einen Titel zu gewinnen ist einfacher, als diesen zu verteidigen, heisst es oft. Selina Büchel hat nach ihrem neuerlichen EM-Sieg allen Grund, stolz zu sein: Zwei Jahre nach ihrem grossartigen Sieg in Prag gelang ihr in Belgrad dank einer perfekten Formplanung die Titelverteidigung. Sie kam bestens vorbereitet in die EM-Stadt und war über drei Wettkampfrunden (Vorlauf, Halbfinal, Final) die stärkste Läuferin im Feld.
Nachdem sie am Samstag im Halbfinal noch etwas zaghaft agierte und sich ihren Platz im Final in einem hart umkämpften Schlussspurt erkämpfen musste, trat sie im Endlauf deutlich entschlossener auf. Sie setzte sich umgehend an die Spitze und gab diese Position bis ins Ziel nicht mehr her. In der vierten Runde wurde sie von der Britin Shelayna Oskan-Clarke hart bedrängt und beide Läuferinnen warfen sich nebeneinander ins Ziel. Im Fotofinish behielt Büchel das bessere Ende für sich – mit einem Hundertstel Vorsprung. Bronze ging an die Isländerin Anita Hinriksdottir.
„Heute wollte ich nach konsequent nach vorne“
„Das war heute überhaupt nicht einfach, das war ein schwieriges Rennen“, sagte Selina Büchel, die sich riesig über ihren Erfolg freut. „Der nicht optimal verlaufene Halbfinal war für mich der richtige Weckruf. Heute wollte ich konsequent nach vorne. Ich wusste, dass ich Tempo machen muss, damit es für alle hart wird. Das es nun sogar zum Schweizer Rekord gereicht hat, freut mich mega und ich bin erleichtert, dass alles so gut gegangen ist!“ Den nationalen Rekord von Regula Zürcher (2:00,90 im Jahr 1997) unterbot sie um nicht weniger als 52 Hundertstel.
Eine der besten Läuferinnen der Welt
Mit ihren Leistungen in Belgrad hat Selina Büchel einmal mehr ihren Status als eine der besten 800-m-Läuferinnen der Welt unterstrichen. Seit ihrem Sieg in Prag riss sie im Juli 2015 den Schweizer Freiluft-Rekord an sich (1:57,95 in Paris) und wurde 2016 an der EM in Amsterdam (NED) starke Vierte. Auch auf Weltniveau wusste die Toggenburgerin zu überzeugen. An den Weltmeisterschaften 2015 in Beijing (CHN) und an den Olympischen Spielen 2016 in Rio de Janeiro (BRA) verpasste sie den Final als jeweils Neunte der Halbfinals nur um wenige Hundertstel.
Seit dem Frühjahr 2016 Profisportlerin
Büchel profitierte an der EM einmal mehr von einer optimalen Arbeitsaufteilung zwischen ihren Heimtrainern Marlis und Urs Göldi und dem Swiss-Athletics-Cheftrainer Louis Heyer, der sie jeweils an internationalen Grossanlässen betreut. Eine Konstellation, die für die Athletin ein Glücksfall ist. Hilfreich ist für die gelernte Raumplanungszeichnerin auch, dass sie sich seit dem Frühjahr 2016 vollumfänglich auf den Sport konzentrieren kann. Die Teilzeitstelle, die sie vorher hatte, verliess sie damals mit dem Ziel, ihre Karriere weiter zu optimieren. Die Unterstützung diverser Sponsoren machte diesen wichtigen Schritt für sie möglich.
Die zehnte Goldmedaille für die Schweiz
Selina Büchel gewann in Belgrad die zehnte Goldmedaille für die Schweiz an einer Hallen-EM. Die Ostschweizerin figuriert in einer Liste mit bekannten Namen: Meta Antenen (Weit/1974), Markus Ryffel (3000 m 1978 und 1979), Roland Dalhäuser (Hoch/1981), Rolf Bernhard (Weit/1981), Peter Wirz (1500 m/1984), Werner Günthör (Kugel/1986) und Sandra Gasser (1500 m/1987) schafften vor mehr als 25 Jahren ebenfalls den Sprung zuoberst auf das Podest einer Hallen-EM. Büchel ist nach Markus Ryffel die einzige, die als zweifache Titelträgerin in die Annalen eingeht.
Als Nachwuchsläuferin nahm Büchel an der U20-EM 2009 in Novi Sad (SER), der U20-WM 2010 in Moncton (CAN), der U23-EM 2011 in Ostrava (CZE) und der U23-EM 2013 in Tampere (FIN) teil. Ein Medaillengewinn gelang ihr „lediglich“ einmal, als sie in Tampere Bronze gewann. Entsprechend gross ist ihr Hunger, nun bei den Aktiven zu reüssieren. Und der Appetit dürfte ihr nicht so schnell vergehen…