Sternstunde der Schweizer Leichtathletik an der Hallen-EM in Istanbul (TUR): Innert 10 Minuten wurde Jason Joseph in Schweizer Rekordzeit Europameister über 60 m Hürden und Ditaji Kambundji schnappte sich die Bronzemedaille!
Im letzten Rennen der viertägigen Hallen-EM stand ein Schweizer Athlet im Mittelpunkt. Jason Joseph (LC Therwil) nutzte die grosse Bühne für einen grossartigen Auftritt und lief in 7,41 Sekunden zu Gold. Damit unterbot er seinen eigenen Schweizer Rekord, den er vor drei Wochen an der Hallen-SM in St. Gallen aufgestellt hatte, um 3 Hundertstel.
Dass Joseph in Istanbul zuoberst auf dem Podest stand, kam nicht unerwartet. Seit Anfang Februar hatte er den Schweizer Rekord nicht weniger als fünfmal verbessert, mit 7,44 Sekunden trat er an der EM als Saisonschnellster an. Dass es ihm nun gelungen ist, im entscheidenden Moment über drei Runden zu liefern, spricht für seine positive Entwicklung. Joseph ist der erste Schweizer Hürdensprinter, der an einer Hallen-EM eine Medaille gewonnen hat.
Nach zwei Europameistertiteln bei den U20 und U23 ist dies für den 24-jährigen Baselbieter der grösste Erfolg seiner bisherigen Karriere. In den vergangenen Jahren hatte er sich zwar für alle bedeutenden internationalen Meisterschaften qualifiziert, ein Medaillencoup war ihm dabei jedoch nie gelungen. Diese Lücke in seinem Leistungsausweis füllte er nun auf beeindruckende Art und Weise. Der Favorit liess seine Gegner um 15 und mehr Hundertstel hinter sich – auf diesem Niveau ist dies eine Weltreise. Überschattet wurde der Final von einem Sturz des Spaniers Enrique Llopis, der an der letzten Hürde zu Fall kam und heftig mit dem Kopf auf die Bahn aufschlug. Glücklicherwesei kam noch am Abend die Info aus dem spanischen Team, dass es dem Athleten im Spital den Umständen entsprechend gut geht.
Bronze-Coup von Ditaji Kambundji
Auch der Hürdenfinal der Frauen versetzte die Schweizer Fans in Begeisterung. Hinter der Finnin Reetta Hurske, die in 7,79 Sekunden ihren Landesrekord egalisierte, und der Holländerin Nadine Visser (7,84) stürmte Ditaji Kambundji (STB) in 7,91 Sekunden auf den Bronzeplatz. Die 20-jährige Bernerin, die mit ihrem Schweizer Rekord von 7,81 Sekunden als Nummer 2 der Entry List in die EM gestartet war, hielt dem Erwartungsdruck stand und darf sich nach Bronze an der letztjährigen EM in München (GER) über ihren zweiten Medaillengewinn an einem Grossanlass bei den Aktiven freuen.
Diese Auszeichnung ist die Belohnung für eine Hallensaison, in der Kambundji konstant mit sehr guten Zeiten überzeugte. Besonders schön ist für sie, dass sie ihre Freude mit ihrer Schwester Mujinga teilen kann, die am Freitag Europameisterin über 60 m wurde.
800 m: Schweizerinnen auf den Plätzen 5 und 6
Im 800-m-Final war die Schweiz dank Audrey Werro (CA Belfaux) und Lore Hoffmann (ATHLE.ch) doppelt vertreten, was auf diesem Niveau eine aussergewöhnliche Leistung ist. Werro lief von Beginn weg in den Positionen direkt hinter der britischen Topfavoritin Keely Hodgkinson mit, während sich Hoffmann weiter hinten einreihte. Als es auf der letzten Runde um die Medaillen ging, büsste Werro in ihrem ersten grossen Final bei den Aktiven noch einige Positionen ein, derweil Hoffmann von hinten herankam. Letztlich lief die Freiburgerin als Fünfte ein, in 2:00,91 Minuten trennten sie nur 6 Hundertstel von Bronze. Hoffmann erreichte Platz 6 und stellte in 2:01,22 eine Indoor-PB auf.
Annik Kälin mit 6,61 m Sechste
Einen weiteren starken Auftritt zeigte Annik Kälin (AJ TV Landquart). Die Mehrkämpferin hatte sich am Samstag in der Weitsprung-Qualifikation mit fantastischen 6,70 m ein Finalticket gesichert und war dabei bis auf 1 cm an den Schweizer Rekord von Irene Pusterla herangekommen. Bei der Vergabe der Medaillen musste die 22-jährige Bündnerin zwar die Klasse der Spezialistinnen anerkennen (für Bronze brauchte es 6,91 m!), Grund zur Zufriedenheit hat sie aber trotzdem. Mit 6,61 m erzielte sie im ersten Versuch wieder eine sehr gute Weite, mit der es ihr zum 6. Platz reichte. Im Sommer wird sich Kälin wieder dem Siebenkampf zuwenden mit der WM in Budapest (HUN) als grosses Ziel.
Loïc Gasch auf Platz 7
Der Hochspringer Loïc Gasch (US Yverdon) erreichte im Final den 7 Rang. Der letztjährige Hallen-WM-Zweite meisterte 2,10 und 2,15 m, bevor er auf 2,19 m dreimal riss. Der Waadtländer blockierte sich beim Aufwärmen den Rücken und konnte deswegen nicht richtig springen. Gasch hob in dieser Hallensaison nicht wie gewünscht ab und weist einen Saisonbestwert von 2,20 m aus. Nun wird er alles daran setzen, um unter freiem Himmel wieder sein bestes Leistungsniveau zu erreichen.
Platz 6 im Medaillenspiegel
Swiss Athletics kann nach der Hallen-EM in Istanbul eine zufriedenstellende Bilanz ziehen. Mit drei Medaillen wurden die Hoffnungen erfüllt, ausserdem ist die Zahl von insgesamt acht Finalplätzen des 23-köpfigen Teams als sehr positiv zu werten. Im Medaillenspiegel erreichte die Schweiz den geteilten 6. Platz, unter anderem vor Leichtathletiknationen wie Deutschland, Frankreich und Spanien.
Für die Athletinnen und Athleten gilt es nun, den Fokus auf die Vorbereitung der Freiluftsaison zu legen. Kommendes Jahr findet die Hallen-WM in Glasgow (GBR) statt, die nächste Hallen-EM folgt 2024 in Apeldoorn (NED).
Istanbul (TUR). Hallen-EM (4. Tag, Abend-Session). Männer. 60 m Hürden: 1. Jason Joseph (SUI) 7,41 (Schweizer Rekord, zuvor Joseph 7,44). – Hoch: 1. Douwe Amels (NED) 2,31. Ferner: 7. Loïc Gasch (SUI) 2,15. – Frauen. 800 m: 1. Keely Hodgkinson (GBR) 1:58,66. Ferner: 5. Audrey Werro (SUI) 2:00,91. 6. Lore Hoffmann (SUI) 2:01,22. – 60 m Hürden: 1. Reetta Hurske (FIN) 7,79. Ferner: 3. Ditaji Kambundji (SUI) 7,91. – Weit: 1. Jazmin Sawyers (GBR) 7,00. Ferner: 6. Annik Kälin (SUI) 6,61.
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(fre)