Sportliche Highlights der vierten Dekade (2001-2010)

Während die 1980er und 1990er Jahre zahlreiche herausragende Momente auf der internationalen Bühne brachten, darbte die Schweizer Leichtathletik zu Beginn der 2000er Jahre trotz der Meisterleistungen von André Bucher. Parallel zu den glänzenden Resultaten von Viktor Röthlin und Co. haben die Verantwortlichen beim Schweizerischen Leichtathletik-Verband reagiert und Jugendprojekte ins Leben gerufen, die mittelfristig das Niveau anheben sollen…

Highlights 2001
Unter dem Hallendach verbessert André Bucher (LR Beromünster) mit 1:45,36 in Dortmund und 1:45,32 vier Tage später in Stockholm den Schweizer 800-m-Rekord um zwei Sekunden. An den Indoor-Weltmeisterschaften in Lissabon gewinnt der Luzerner die Bronzemedaille über 800 m in 1:46:46 Minuten. Ebenfalls in der Halle fixiert Peter Philipp (BTV Chur) den 1500-m-Landesrekord von Pierre Délèze auf 3:38,86 Minuten, eine Zeit, die immer noch gilt. Im Freien senkt Christian Belz (STB) den Schweizer Rekord über 3000 m Steeple in Hengelo um 25 Hundertstel auf 8:22:24 Minuten, den aktuellen Rekord. André Bucher startet über 1000 m stark in die Freiluftsaison mit einer Bestleistung von 2:15,63 Minuten, gefolgt von drei Zwei-Runden-Zeiten unter 1:44 Minuten im Juli, darunter ein Schweizer Rekord in Monaco (1:42,90). Drei Wochen später, an den Weltmeisterschaften in Edmonton, schafft er sein (Welt-)Meisterstück, indem er Gold in 1:43,70 gewinnt! Mit seinen Siegen in Zürich mit 1:42,55 (aktueller Schweizer Rekord) und Brüssel Brüssel mit 1:42:75 bestätigt er seinen Status als Weltnummer eins. Die Wahl zum Schweizer Sportler des Jahres ist hochverdient. Im Hammerwurf bricht Samuele Dazio (VIRTUS Locarno) dreimal den nationalen Rekord, zuletzt in Locarno mit 74,02 m. Mireille Donders (STB) verbessert ihren Schweizer Rekord über 100 m auf 11,34 Sekunden, während Sabrina Altermatt (LV Langenthal) die 100 m Hürden am EYOF in Murcia in 13,40 gewinnt. Beim Berlin Marathon unterbietet Viktor Röthlin (STV Alpnach) den Schweizer Rekord in 2:10:54 Stunden um 16 Sekunden.

Highlights 2002
André Bucher glänzt wieder in der Halle, insbesondere mit 1:45,08 über 800 m in Liévin. Trotz eines weiteren Schweizer Rekords von 1:44,93 Minuten, den er an den Hallen-Europameisterschaften in Wien aufstellt, muss sich der Freiluft-Weltmeister auf der Zielgeraden dem Polen Pawel Czapiewski geschlagen geben. Drei gute Schweizer Hallenrekorde sind zu erwähnen: Ivan Bitzi (LV Horw) über 50 m Hürden mit einer Zeit von 6,58 Sekunden und über 60 m Hürden mit einer Zeit von 7,62 sowie die Bestleistung von Martina Feusi (LC Zürich) über 50 m (6,26). André Buchers Sommersaison ist zwar nicht so brillant wie 2001, aber mit einer Bestzeit von 1:43,93 Minuten in Brüssel dennoch bemerkenswert. An den Europameisterschaften in München ist er der einzige Schweizer Medaillengewinner. Doch wie schon an der Hallen-EM wird er auf der Zielgeraden vom Dänen Wilson Kipketer überholt; es gibt Silber wie in Budapest 1998. In den anderen Disziplinen machen die Hammerwerfer von sich reden: Patric Suter (Hochwacht Zug) holt sich mit 74,56 m den Schweizer Rekord zurück, während Céline Neuenschwander (CA Vétroz) bei den Frauen mit 56,97 m die Bestmarke setzt. Ausserhalb des Stadions bricht Chantal Dallenbach die Schweizer Rekorde über 10 km in 32:51 und über 20 km in 1:07:37, während Alexis Gex-Fabry (CABV Martigny) in Camara erster offizieller Schweizer Europameister im Berglauf wird.

Highlights 2003
Trotz der grossartigen Leistungen von André Bucher in den letzten beiden Saisons und einigen Glanzlichtern erlebt die Schweizer Leichtathletik eine schwierige Phase. Wieder ist es der erfolgreichste 800-m-Läufer unserer Geschichte, der in Brüssel (1:44,23) und Paris (1:44,25) exzellente Zeiten abliefert. An den Weltmeisterschaften im Stade de France bleibt der Titelverteidiger allerdings im Halbfinal auf der Strecke. Im Weitsprung erhellt eine unerwartete Leistung die nationale Leichtathletik – dank den fantastischen 8,27 m von Julien Fivaz (SEP Olympic La Chaux-de-Fonds), die er in Ebensee erzielt. Auch die 80,51 m von Patric Suter (Hochwacht Zug) im Hammerwurf von hohem Niveau, während sich Céline Neuenschwander mit 59,06 m der 60-m-Marke nähert. Im Nachwuchs schliesslich gibt es zwei Silbermedaillen für Andreas Kundert (LC Brühl) über 110 m Hürden bei den U20-Europameisterschaften in Tampere und Benjamin Sunier (Stade Genève) über 100 m am EYOF in Paris.

Highlights 2004
Die Schweizer Leichtathletik, die sich immer noch im Tief befindet, verzeichnet nur in neuen Disziplinen Rekorde. Zu nennen sind die 3:09,04 Minuten der 4×400-m-Nationalstaffel mit Alain Rohr (STB), Cédric El-Idrissi (STB), Martin Leiser (BTV Aarau) und Andreas Oggenfuss (LC Brühl), die einen starken vierten Platz an der Hallen-WM in Budapest erreichen oder Nadine Rohrs (STB) 4,30 m im Stabhochsprung, Barbara Leuthards (TV Ibach) 13,40 m im Dreisprung und Catherine Manigleys (BTV Aarau) 49,46 m mit dem neuen Speer. Das nationale Niveau widerspiegelt sich unweigerlich bei den Olympischen Spielen in Athen, wo alle neun Schweizer Leichtathleten im Vorlauf oder in der Qualifikation hängen bleiben. Auch Viktor Röthlin, der im April beim Zürich Marathon mit der Rekordzeit von 2:09:56 erstmals unter der 2:10-Stundenmarke geblieben ist, muss in Griechenland aufgeben. Hoffnung macht dagegen ein kubanischer Athlet: Alexander Martínez (LC Zürich), der bei Weltklasse Zürich hervorragende 17,09 m springt und bald eingebürgert werden soll. Zum Schluss gibt es wieder zwei internationale Podestplätze: Sabrina Altermatts (LV Langenthal) gewinnt die Silbermedaille über 100 m Hürden an den U20-Weltmeisterschaften in Grosseto und Angéline Joly (GS Franches-Montagnes) wird Berglauf-Langdistanz-Weltmeisterin beim Heimrennen Sierre-Zinal.

Highlights 2005
Die Saison 2005 ist ein Spiegelbild der vorangegangenen: einige seltene Schweizer Rekorde werden gebrochen, die internationalen Medaillen muss man aber im Nachwuchs und im Berglauf suchen. Die Hochspringerin Corinne Müller (LC Zürich) zeigt eine hervorragende Hallensaison, die im Schweizer Rekord von 1,92 m in Magglingen gipfelt. Im Freien unterbietet Christian Belz den Schweizer Rekord von Markus Ryffel über 10 000 m gleich zwei Mal: 27:54,11 im Mai in Stanford und 27:53:16 im August in Helsinki. Die Speerwerferin Catherine Manigley befördert ihr Gerät nun auf 52,68 m. Viel Freude bereitet auch Pierre Lavanchy (Lausanne-Sports), der die Bahn an den Schweizer Meisterschaften in Bern in 45,49 Sekunden umrundet. Im Dreisprung schafft Alexander Martínez, immer noch Kubaner, bei einem kleinen Meeting in Bern hochkarätige 17,51 m! Im Berglauf resultieren zwei Bronzemedaillen durch Daniel Bolt (LC Meilen) an der Langdistanz-WM in Cauterets und durch Angéline Joly bei den Europameisterschaften in Heiligenblut. Am EYOF in Lignano brilliert Clélia Reuse (CABV Martigny) mit Gold über 100 m Hürden und Silber im Weitsprung.

Highlights 2006
Die Schweizer Leichtathletik ist noch etwas wackelig auf den Beinen, kann aber dank einzelner Athleten wie Stefan Müller (LV Winterthur) wieder international mithalten. An den Europameisterschaften in Göteborg erzielt der Speerwerfer in der Qualifikation mit 80,43 m einen Schweizer Rekord. Im Final steigert er sich gar auf 80,87 m und damit auf den siebten Platz. Beim SVM-Final in Bern landet Müllers Speer auf der immer noch gültigen Rekordweite von 82,07 m. Der zweite grosse Lichtblick ist Dreispringer Alexander Martínez. Der Neo-Schweizer bricht auf Anhieb den nationalen Hallenrekord (16,70 m), dann den Freiluftrekord (16,99 m) in Lausanne. In Göteborg fliegt er in der Qualifikation auf 17,13 m, scheitert aber im EM-Final und wird Neunter. Für das dritte Highlight sorgt Christian Belz, der sich im EM-Final über 10 000 m souverän behauptet und die angestrebte Medaille als Vierter nur knapp verpasst. Und dann kommt Viktor Röthlin, der Meister des Schweizer Marathonlaufs: Im Windschatten von Olympiasieger Stefano Baldini läuft der Obwaldner ein grossartiges Rennen und gewinnt in 2:11:50 sensationell die Silbermedaille.

Highlights 2007
Alexander Martínez und Viktor Röthlin, die beiden Stars der Schweizer Leichtathletik, sind immer noch stark. Ersterer, der auch ein hervorragender Salsa-Tänzer ist, stellt in La Chaux-de-Fonds mit 17,13 Metern seinen Schweizer Rekord im Dreisprung ein. Voller Zuversicht qualifiziert er sich für den WM-Final in Osaka und wird mit 16,85 m Achter. Viktor Röthlin begeistert die Öffentlichkeit beim Zürich Marathon, den er in der Rekordzeit von 2:08:20 gewinnt. Seine körperliche Vorbereitung und seine unerschütterliche mentale Stärke wirken in Osaka Wunder. Im japanischen Glutofen läuft der Schweizer ein heroisches Rennen, das mit WM-Bronze belohnt wird! Im Stabhochsprung holt Anna Katharina Schmid (LV Thun) den nationalen Titel mit 4,30 m und lässt sich Bronze an den U20-Europameisterschaften in Hengelo umhängen. Ebenfalls zu Bronze springt Nicole Büchler (STB) an der Sommeruniversiade in Bangkok mit einer neuen Schweizer Bestmarke von 4,35 m. Am EYOF in Belgrad schnappt sich Valentine Arrieta (CEP Cortaillod) Silber über 200 m und anschliessend –zusammen mit Andrea Gilgen (STB), Grace Muamba (SEP Olympic La Chaux-de-Fonds) und Lea Sprunger (COVA Nyon) – Gold in der 4×100-m-Staffel.

Highlights 2008
Von Viktor Röthlin werden 2008 zwei Spitzenleistungen auf der 42,195-km-Distanz erwartet: am 17. Februar beim Tokio Marathon und am 24. August beim Olympiamarathon in Beijing. Im ersten Rennen zählt nur die Zeit – und das Ziel wird mit zwei Schweizer Rekorden doppelt erreicht: die 30 km in 1:30:48 und der Marathon in unglaublichen 2:07:23! Im olympischen Marathon erbringt Röthlin erneut eine Topleistung als Sechster und bester Europäer. In 2:10:35 Stunden verpasst er die neunte Schweizer Olympiamedaille nur um 35 Sekunden. Julien Fivaz – obwohl regelmässig jenseits der 8 Meter unterwegs (8,10 m in Pierre-Bénite) – schlägt sich in Beijing unter Wert, ebenso wie Andreas Kundert, brillanter neuer Schweizer Rekordhalter über 110 m Hürden in 13,41 in Luzern, aber leider krank und nicht in der Lage, an den Olympischen Spielen teilzunehmen. Nicole Büchler meistert in Luzern 4,40 m und sammelt in China wertvolle Erfahrung. Der Schweizer 4×100-m-Rekord, der aus dem Jahr 1978 datiert, wird von Andreas Baumann (LC Zürich), Marc Schneeberger (TV Länggasse), Marco Cribari (LC Zürich) und Amaru Schenkel (LC Zürich) in Genf (39,02) und Madrid (38,99) gleich zwei Mal gebrochen.

Highlights 2009
Nicole Büchler ist das Versprechen der Saison. Sie knackt sieben Mal den Schweizer Hallen- und Freiluftrekord im Stabhochsprung und erreicht sowohl in Jonesboro als auch an den Weltmeisterschaften in Berlin 4,50 m. Zudem gewinnt die Seeländerin Silber an der Sommeruniversiade in Belgrad. In Berlin schafft Linda Züblin (LAR Bischofszell) mit 53,01 m im Siebenkampf einen nationalen Speerwurf-Rekord. Für die EM- und WM-Medaillen muss man das Stadion verlassen und in die Berge gehen. Martina Strähl (LV Langenthal) wird in Telfes Europameisterin, während Marc Lauenstein (CEP Cortaillod) an den Weltmeisterschaften in Söll die über die Langdistanz triumphiert. In der Nachwuchskategorie holt Lea Sprunger Siebenkampf-Bronze an den U20-Europameisterschaften in Novi Sad. Mujinga Kambundji (STB) gewinnt in Tampere EYOF-Silber über 100 m und führt ihre Teamkolleginnen Silja Mühlebach (LC Luzern), Nora Frey (LG Küsnacht-Erlenbach) und Cornelia Halbheer (LV Winterthur) zu Gold in der 4×100-m-Staffel. Andrina Schläpfer (Biberist aktiv!) und Nathalie Meier (STB) schnappen sich Bronze über 800 m respektive im Speerwurf.

Highlights 2010
Zwar wartet die Schweizer Leichtathletik noch immer auf eine höhere Leistungsdichte, doch Überraschungen sind immer möglich, oft auch dann, wenn man sie nicht unbedingt erwartet. Dies tritt am 27. Juli 2010 in Lugano ein, wo der Weitsprungwettbewerb der Frauen Schauplatz eines aussergewöhnlichen Ereignisses wird: Der Schweizer Rekord – die berühmten 6,73 m von Meta Antenen (EM-Silbermedaillengewinnerin 1971) – fällt nach 39 Jahren Irene Pusterla (VIGOR Ligornetto) zu, die in ihrem fünften Versuch auf 6,76 m segelt. An den Europameisterschaften in Barcelona ist die 4×100-m-Staffel der Männer mit Pascal Mancini (Stade Genève), Aaron Beyene (Stade Genève), Amaru Schenkel und Marc Schneeberger (TV Länggasse) so schnell wie noch nie, doch der neue Schweizer Rekord von 38,69 Sekunden reichte im Final nur für den undankbaren vierten Platz. In Katalonien ist es vor allem das EM-Gold von Viktor Röthlin, der am 1. August landesweit Freude auslöste. Nach gesundheitlichen Rückschlägen hat der Marathon-Europameister diesen Titel und alle damit verbundenen Ehrungen verdient. Bei den Berglauf-Weltmeisterschaften heissen die Schweizer Medaillengewinner gleich wie 2009: Marc Lauenstein wird Zweiter auf der Langdistanz in Manitou Springs und Martina Strähl WM-Dritte in Kamnik. Von den ersten Olympischen Jugendspielen in Singapur kehren zwei Schweizerinnen mit einer Medaille nach Hause: Andrina Schläpfer mit Silber über 1000 m und Noemi Zbären (SK Langnau) mit Bronze über 100 m Hürden.

(PAB)